Tone of Voice vs. Corporate Language vs. Verbal Identity: was du wissen musst
TL;DR
Viele Marken definieren ihre Markensprache ohne solide Grundlage. Dabei werden die Begriffe Verbal Identity, Corporate Language und Tone of Voice häufig verwechselt oder vermischt. Dabei ist die Reihenfolge für eine langfristige Wirkung entscheidend: zuerst die Marke, dann die Verbal Identity, darauf aufbauend Corporate Language und Tone of Voice.
Sprache ist mehr als nur ein Kommunikationsmittel – sie ist ein Spiegelbild der Markenidentität. Wie Du sprichst, beeinflusst maßgeblich, wie Du wahrgenommen wirst. Ein konsistenter und authentischer Sprech schafft Vertrauen, Differenzierung und emotionale Bindung. Er ist ein unverzichtbares Werkzeug, um Deine Markenwerte zu transportieren und Deine Zielgruppe effektiv anzusprechen. Schauen wir uns also mal an, wie man das hinbekommt – und welches Wording in dem Bereich eigentlich was genau bedeutet …
„Communication works for those who work at it.“
Begriffsklärung: Tone of Voice, Corporate Language & Verbal Identity
Sprache ist ein mächtiges Werkzeug für Marken. Witzigerweise wird die Sprache bei der Bezeichnung der dazugehörigen Konzepte aber von vielen unscharf benutzt. Tone of Voice, Corporate Language & Verbal Identity schwirren synonym durch die Meetingräume. Aber ist das eigentlich richtig, sie synonym zu verwenden?
Die Verbal Identity ist das Fundament, die gesamte sprachliche Persönlichkeit der Marke. Sie definiert, wer die Marke ist, was sie sagt und wie sie klingt – analog zur und direkt abgeleitet aus der Marke. Sie ist der übergeordnete strategische Rahmen und bildet die Basis für alles Weitere, denn sie übersetzt die Markenessenz in eine konsistente, erkennbare Stimme.
👉 Analog zum Menschen: Der Charakter und die grundlegende Art einer Person (z. B. humorvoll, seriös, enthusiastisch).
Darauf aufbauend entsteht die Corporate Language, also das handfeste Framework. Als Regelwerk legt sie fest, welche Wörter, Begriffe, Formulierungen, Grammatik und Satzstrukturen immer verwendet werden – und welche unbeidngt vermieden werden sollten. Sie sorgt für Klarheit und Konsistenz.
👉 Analog zum Menschen: Der Wortschatz, die Grammatik und die festen Redewendungen einer Person.
Der Tone of Voice definiert schließlich die Tonalität oder der Stil der Kommunikation. Es beschreibt die situationsabhängige Stimmung oder Haltung, mit der man spricht. Der Ton passt sich dem Kanal (Social Media vs. Geschäftsbericht) und der Situation (Krise vs. Produktlaunch) an, bleibt aber der grundlegenden Persönlichkeit treu.
👉 Analog zum Menschen: Die Stimmung oder Emotion einer Person beim Sprechen (z.B. freundlich, entschuldigend, formell, locker) – ggf. auch situationsabhängig je nach Kanal.
Kurz gesagt: Die Verbal Identity gibt vor, wer Du bist, die Corporate Language bestimmt, was du sagst, und der Tone of Voice konkretisiert, wie du es sagst. Nur wenn alle drei Ebenen zusammenpassen, entsteht eine klare, konsistente Markenstimme, die Deine Zielgruppe sofort wiedererkennt.
Die Verbal Identity ist Übersetzungsarbeit
Viele Marken haben eine tolle Brand-Essence, aber sie scheitern an der Umsetzung dieser Markenessenz in eine differenzierende Sprache. Warum? Weil Sprache anders „tickt“. Du kannst nicht alles 1:1 aus einem Brand-Manual übersetzen — Sprache braucht andere Anker, die Texter:innen verstehen und leicht umsetzen können.
Praktisch funktioniert die Übersetzung so: Nachdem Du aus Deiner Brand Essence konkrete Werte (Brand Philosophy) und Persönlichkeitsmerkmale (Brand Personality) abgeleitet hast, kannst Du Dich den verschiedenen Erlebnisdimensionen der Marke zuwenden. Eine davon ist die Sprache.
Prüfe also, ob die Begriffe aus Deiner Markenpersönlichkeit sich sprachlich umsetzen lassen – wo das nicht der Fall ist, übersetze sie. Achte darauf, dass Du nur so viele Attribute wählst, dass sie noch handhabbar und umsetzbar sind – drei bis fünf Kernmerkmale reichen absolut aus, um eine Marke sprachlich zu charakterisieren.
Im nächsten Schritt gehst Du eine Ebene tiefer. Du arbeitest Du die Verbal Identity in sprachliche Dimensionen weiter aus. Das umfasst Fragen wie: Welche Worte, Satzstrukturen, Tonalitäten oder Stilmittel passen zu den definierten Markenwerten? Welche Formulierungen passen zum Charakter der Marke, und welche widersprechen ihr? Ein sehr plakatives Beispiel dafür ist die AOK, die sich nicht mehr Kranken-, sondern Gesundheitskasse nennt.
Zuletzt kannst ist es entscheidend, sich ganz genau zu überlegen, auf welchen verschiedenen Kanälen Sprache eine Rolle für die Marke spielt – sowohl nach innen wie nach außen. Hierfür kann man nun einen Tone of Voice definieren. Und hier wird es tricky: Auf TikTok wird man wohl sehr anders sprechen als im Unternehmensbericht. Dennoch sollte die Marke auf beiden Kanälen gleichermaßen erkennbar bleiben und keine komplette Disparität entstehen. Dieses Finetuning macht die sprachliche Umsetzung der Marke am Ende dann besonders.
Die Belohnung ist aber groß: Denn das Ergebnis ist eine klar erkennbare, konsistente Markenstimme, die überall gleich klingt, leicht umsetzbar ist und gleichzeitig die Einzigartigkeit der Marke transportiert. Wer die Verbal Identity sorgfältig definiert, stellt sicher, dass alle Kommunikationsmaßnahmen aufeinander einzahlen und die Marke in jedem Kontaktpunkt erlebbar und wiedererkennbar bleibt.
Beispiel
Die bestehende Markenessenz enthält als einen der definierten Markenwerte dynamisch. Dieses Wording ist für die Umsetzung in eine Markensprache vollkommen ungeeignet – genau sollte ein Text dynamisch sein?
Daher muss man, für die Übersetzung ins Erlebnis, tiefer gehen, was mit Dynamik eigentlich gemeint ist. Sagen wir, diese Wortwahl sei gespeist aus dem Gedanken, andere mitreißen zu wollen und eine gewisse Vorwärtsgewandtheit auszudrücken.
So kommen wir in der Übersetzung am Ende zum Beispiel bei dem Wort aktivierend heraus. Dieser Begriff macht für Texter:innen etwas auf und deutlich, wie geschrieben werden sollte. Dieser konkrete Auftrag lässt sich zudem in Corporate Language und Tone of Voice noch durch konkrete Beispiele schärfen.
Insights aus der Praxis
Das Kernproblem vieler Marken liegt darin, dass der Tone of Voice oft isoliert entwickelt wird, ohne eine solide Basis aus der Markenstrategie oder der Verbal Identity. In Workshops oder Brainstormings entstehen dann Aussagen wie „Wir wollen locker, freundlich und professionell klingen“ – auf den ersten Blick plausibel, aber in der Praxis nur schwer umsetzbar. Häufig werden zudem Elemente der Corporate Language direkt in den Tone of Voice integriert. Das führt zu einem Wirrwarr aus Regeln, Stilrichtlinien und vermeintlicher Markenpersönlichkeit, das sich schwer praktisch umsetzen lässt.
Um eine nachhaltige und konsistente Markensprache zu entwickeln, ist die Reihenfolge entscheidend: Zuerst definiert Du die Markenidentität und Brand Essence, daraus leitest Du die Verbal Identity ab. Auf dieser Grundlage kannst Du dann Corporate Language und schließlich den Tone of Voice operationalisieren. Nur so entsteht eine Stimme, die klar, konsistent und für alle Kanäle anwendbar ist – und die Deine Marke langfristig erkennbar macht.
Auf einen Blick
Ein Tone of Voice ohne solide Markenbasis führt zu unklarer, schwer umsetzbarer Kommunikation. Verwechselung mit Corporate Language ist ein häufiger Stolperstein. Die richtige Reihenfolge: Marke → Verbal Identity → Corporate Language → Tone of Voice sorgt für langfristige Konsistenz.